Die Mühle

Gerade heute haben wir wieder einmal unsere Mühle auseinander gebaut, um die Steine zu krausen, wie es heißt.
Eine Angelegenheit, die etwa einmal im Jahr erforderlich ist.
 In der Betoneinfassung der Trägermechanik des Läufersteines ist das Datum ihrer Herstellung eingeritzt. 1989. Es handelt sich um eine Osttiroler Steinmühle, das Beste vom Besten, um die Wertung gleich einmal vorweg zu nehmen.
Identisch nahezu mit den Malwerken unserer alten Wind- oder Wassermühlen, angetrieben nur durch einen Elektromotor.
Der Hersteller, ein Handwerksbetrieb, in dessen Werkstatt man vom Boden hätte essen können.

   Ein paar kurze Sätze zum technischen Aufbau und der Funktion.
Die Mühlsteine sind aus Sextener Granit,
im schieren Stück aus dem Berg gesägt, 120 Zentimeter Durchmesser, 25 bis dreißig Zentimeter dick,
mit einem Auge von etwa 20 Zentimetern Durchmesser in der Mitte.
Durch das Auge des unteren Steines stößt die Antriebswelle, in dem des oberen Läufers befindet sich die Trägermechanik der Antriebswelle.
Auch das Getreide fällt auf seinem Weg zwischen die Mühlsteine dort durch.
Zwei Steine machen also eine Mühle, jeder wiegt so um die 800 Kilo.
Der untere Stein ist ruhend, eingefasst in eine Balkenkonstruktion aus Hochgebirgs-Krüppelkiefern, 15 mal 15 Zentimeter im Format,
das Holz so voll gestopft mit natürlichen ätherischen Ölen, dass kein Schädling sich je daran zu schaffen macht.
Jedenfalls die nächsten zwei- bis dreihundert Jahre nicht.
Der untere Stein ist absolut plan, ganz sicher war er es jedenfalls noch 1989. Der obere, der Läufer, also der angetriebene, dagegen leicht konkav, dadurch den Mahlraum bildend. Die Stichhöhe zwischen beiden Steinen beträgt zwischen zehn und eben null Millimeter.
Im Jahr der Inbetriebnahme, betrug die Fläche des direkten Kontaktes beider Steine etwa drei, vier Zentimeter. Die schliffen sich mit der Zeit natürlich immer wieder ab, man hätte sie spiegelblank schleifen können, wenn man wollte, würden sie nicht, eben etwa einmal im Jahr, gekraust.

   Selbstverständlich sind diese letzten Zentimeter des direkten Kontaktes beider Steine, der Bereich, in dem die Entscheidung über die Güte des Ausmahlungsgrades fällt. Ein Umstand, der gerade im Vollkornbereich, von herausragender Bedeutung ist. Diese letzten Zentimeter Kontaktbereich sind im Verlauf von siebzehn Jahren,
von jenen drei bis vier auf fast zwanzig Zentimeter angewachsen.
Ein bewegter Stein schleift sich eben ab! Weiß jeder. Eine Folge des Mahlens und des Krausens. Keine Angst, er reicht noch geraume Zeit. Zwei- dreihundert Jahre bestimmt. Diesen erweiterten Feinmahlbereich merkt man dem Mehl sensorisch an. Eine wirklich feine Qualität, gerade heute, bei der Beurteilung des frischesten Ergebnisses, wir waren begeistert. Fakt ist: Je älter diese Steine werden, sorgsames krausen vorausgesetzt, desto besser wird das Mehl.

Ein Kraushammer ist vielleicht zu vergleichen mit einem altertümlichen Kotelett-Klopfer. Fünfundzwanzig Stahlzacken auf einem Fäustlingskopf und ordentlich Muskelschmalz rauen den wieder zu glatt gewordenen Stein auf.
Eine wirklich spannende Angelegenheit ist es jedes Mal, wenn man den an Haken schwebenden Läufer über seinen Füßen umdreht,
um an die Mahlfläche zu gelangen. Geradezu Nervenkitzel dann, wenn man die fertig behauenen Mühlsteine wieder zusammen setzt und ohne Gehäuse antreibt, um die Feinauswuchtung des Läufersneu zu justieren.

Die Antriebswelle ist unten zwischen drei Stellschrauben gelagert, die Wuchtung des Läufers lässt sich so präzise einstellen. Ein irres Gefühl, wenn 800 Kilo Granit, nur auf der Antriebswelle gelagert, direkt neben dem Kopf rotieren.

   Ein paar Sätze vielleicht noch zum ernährungsphysiologischen Aspekt dieser Mühle. Eingestellt ist dieses Mahlwerk auf etwa 1500 Umdrehungen in der Minute.

Das ist zwar für ein Gehirn, neben dem es rotiert, schnell, für eine Mühle jedoch langsam.
Die Erwärmung des Mehles wird so gering gehalten, was zu einer Schonung der wertvollen Inhaltsstoffe führt. Sie wissen schon, Vitamine, Spurenelemente, Mineralien - und da gibt es noch mehr. Zudem  noch versetzt uns diese Mühle in die Lage kleine Chargen zu mahlen, die schnell verbraucht werden. Der Verfall der wertgebenden Inhaltsstoffe wird so minimiert.
Tatsächlich haben wir einmal Untersuchungen anstellen lassen,die den Unterschied messen sollten. So stellte sich heraus, dass die Differenz unseres Mehles zu gewöhnlicher Handelsware beimVitamin C-Gehalt, für unser Mehl ein Plus von 25% ergab. Na also bitte.
  
   Wir werden gelegentlich schon gefragt, ob das eigene Mahlen des Getreides denn nicht ein zu hoher Aufwand sei. Schließlich gibt es mittlerweile auch im Bio-Sektor nahezu jeden Rohstoff in guter Qualität zu kaufen. Und tatsächlich wäre es sogar viel billiger, weit
weniger Arbeit, vielleicht hygienischer, auf jeden Fall wesentlich einfacher weil standardisierter, darauf zu verzichten.
Ein weiterer Vorteil dieser Mühle fällt uns dann als Antwort stets ein, einer, den wir immer als wesentlich eingeschätzt haben, sogar politisch sahen.

Wir haben durch die Selbstmahlung die Möglichkeit, alle unsere Getreideproduzenten persönlich zu kennen,also Getreide nur aus unserer Region zu verarbeiten.

Dies ist für uns und unsere Kunden ein wichtiges Qualitätskriterium.
Die meisten unserer Getreideerzeuger kennen wir seit dreißig Jahren.

Dies gilt  für den überwiegenden Teil unserer Mehle, nämlich nahezu den kompletten Vollkornbereich.
Unsere Auszugsmehle sind deutsche Bio-Handelsware, von möglichst ausgesuchter Qualität.
  
Auf die Frage, ob wir diese Mühle wirklich wollen, gibt es also nur eine Antwort:

Mindestens unbedingt!